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Rezension: Das große Buch vom Parfum - Frank J. Schnitzler, Dr. Bodo Kubatz

Dieses hervorragende Nachschlagewerk enthält eine Auswahl von etwa 1000 betörenden Düften für Damen und Herren. Verfasst wurde das Buch von Frank Schnitzler, der als eine Institution in Sachen Düften im gesamten, deutschen Sprachraum gilt und von Dr. Bodo Kubartz. Im Klappentext wird Schnitzler übrigens der "Parfümpapst" bezeichnet. Wie man erfährt hat er mehr als 35 Jahre lang exquistite Parfümerien im Westen Deutschands geführt. Seine Filialen veräußerte er an Douglas und arbeitet seither als Trendscout und Berater für die Kosmetik- und Parfümindustrie. Der studierte Geograph Dr. Bodo Kubartz dozierte an der University of Oklahoma und beschäftigte sich in seinen wirtschaftsgeografischen Arbeiten mit der internationalen Duftstoff- und Parfümindustrie.

Frank Schnitzler berichtet eingangs wie er als Kind schon eine überdurchschnittliche Affinität zu unterschiedlichen Düften hatte. Er versuchte von klein auf, seine Mitmenschen zunächst mit der Nase wahrzunehmen, dann erst mit den Augen und zum Schluss, sich auf die Stimme zu konzentrieren. Sein Beruf beruht auf Berufung. Deshalb auch war und ist er in seinem Metier so erfolgreich.

Dr. Bodo Kubartz hat während seiner Forschungsarbeiten in den USA und Europa zahlreiche Düfte kennengelernt. Er konstatiert, dass es ohne Passion nicht möglich gewesen wäre, das Buch zu schreiben. Während vieler intensiver Gespräche haben die beiden Experten sich über die Selektion der Düfte ausgetauscht.

Flacon de Shalimar
Im Hauptteil des Buches findet man viele Namen, Marken, Parfümeure und natürlich auch Informationen zu den Duftschöpfungen.

Obgleich ich Parfumliebhaberin bin, staune ich wie viele Parfums ich noch nicht kenne und versuche mich in die sehr gut beschriebenen Düfte hineinzuspüren. Die Düfte sind übrigens alphabethisch geordnet. Jedem neuen Buchstaben folgt ein Zitat, bevor mit den Duftbeschreibungen begonnen wird. Die Seiten sind sehr hübsch und betont schlicht illustriert. Im Vordergrund stehen eindeutig die Düfte und deren Entwickler.

Mit großem Vergnügen habe ich mich in die Guerlain- und Hermesdüfte vertieft, die ich besonders zu schätzen weiß und bin erstaunt wie gut diese beschrieben sind. "Mitsouko" von Guerlain gibt es schon seit 1919. Ein fruchtiger Akzent wird durch Pfirsich in diesem würzig-holzigen Parfum gesetzt, in welchem später die Aromen des Waldes überwiegen. Man erfährt, dass Jacques Guerlain dieses große chyprig-fruchtige Parfum einer unglücklichen Liebe zwischen einem britischen Offizier und der Japanerin Mitsouko widmete, (vgl.: S.178).

Ganz hervorragend ist Jean Patous "Joy" beschrieben, das 1929 von Henri Alméras kreiert wurde. Dieser Duft basiert auf kostbarsten Grundsubstanzen: Bulgarische Rose, Mairose und Jasmin aus Grasse. In einem 30- Milliliter-Flakon steckt der Duft von 10 600 Jasmiblüten und 336 Mairosen. Der Flakon ist ein Meisterwerk des Designers und Innenarchitekten Louis Süe, (vgl.: S.291).

Mein Lieblingsherrenduft- "Acqua di Parma" - ist perfekt beschrieben "..... Zitrusfrüchte, Lavendel, Rosmarin, Verbene und Bulgarische Rose sind einige Ingredienzien des natürlichen, frischen Duftwassers."(Zitat: S.15)

Auf Seite 303 habe ich einen Duft entdeckt, den ich noch nicht kenne, in welchen ich mich aber von der Beschreibung her verlieben könnte. "Profumi die Pantelleria, Aire". Dieser Duft soll die Lebensfreude ausstrahlen, die auf der Insel Pantelleria greifbar ist. Die aufputschende Wirkung von Zitrus, Kiwi und weißem Tee soll anregendend sein, während Iris und Jasmin verzaubern. Weißer Pfeffer sorgt für einen überraschenden Moment. Das Parfumhaus produziert nur in kleiner Stückzahl. Das finde ich besonders interessant und verlockend. Ich spüre, wie sich die Nuancen in meiner Nase vereinen. Betörend. Gedanklich bin ich meinem alten Parfum bereits untreu geworden. Ich gebe es zu.

Nachdem man sich über 1000 Düfte informiert hat, darf man einen Blick hinter die Kulissen des Parfumindustrie werfen und erfährt, dass circa alle 10-15 Jahre sich die Geschmäcker des Parfummarktes wandeln. Weil man die Wahrscheinlichkeit von allergischen Reaktionen minimieren möchte, werden sukzessive potentielle Allergene vom Markt genommen. So darf seit Anfang 2010 Eichenmoos nur noch in geringer Konzentration verwendet werden. Parfums, so die Autoren, sind Spiegelbilder der Gesellschaft. Bemerkenswert ist, dass die Anzahl der Nutzer der Parfums in den letzten Jahrzehnten gestiegen ist. In unserer pluralistischen Gesellschaft gibt es offenbar keinen einheitlichen Stil mehr, stattdessen dominiert das "Sowohl-als-auch." (vgl.: S. 368).

Man erfährt in der Folge wie ein Duft entsteht, liest über Herz-, Kopf- und Basisnoten und weiß schließlich, dass die Kopfnote jene ist, die man direkt und in der ersten halben Stunde riecht, die nächsten paar Stunden werden von der Herznote dominiert, bevor sich die Basisnote bis zum Vergehen des Duftes durchsetzt, (vgl.: S.370).

Thematisiert werden die Begriffe natürliche und synthetische Düfte. Man liest u.a., dass es dem Parfümeur frei steht, gewisse Nuancen durch die Wahl der Inhaltsstoffe zu betonen, dass allerdings die qualitatitve Unterscheidung zwischen angeblich gesunden Naturdüften einerseits und angeblich minderwertigen "Chemiedüften" ungerechtfertigt sei, (vg.: S. 371).

Zur Sprache kommen fast ganz zum Schluss die so genannten "Unisexdüfte". In den 1990er Jahren stieg der Umsatz dieser Düfte an, doch heute wird wieder klarer deklariert, für welches Geschlecht der Duft kreiert wurde, gleichwohl sparen auch immer mehr Parfummanufakturen eine "festgezurrte" Definition aus, weil sie die explizite Entsscheidung umgehen möchten, ob es sich bei ihrem Produkt um ein Damen-, Herren- oder Unisexduft handelt, (vgl:: S. 373).

Schließlich werden auch über die Flakons ein paar Worte verloren. Hier fallen Namen wie René Lalique und Peter Schmidt, über dessen Vita und Schaffen ich kürzlich im Rahmen einer Rezension schrieb.

Im sechsseitigen kleinen Wörterbuch der Parfümsprache zum Schluss wird man sehr gut über Begriffe, wie etwa: "Aldehydig", "Chypre", "Petigrain" oder auch "Tuberrose" aufgeklärt.

Ein hochinformatives Buch, das Begehrlichkeiten weckt, ...bei mir derzeit nach "Profumi die Pantelleria", Aire. :-)))......

Empfehlenswert.


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