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Rezension:Le carré Hermès. Die illustrierte Geschichte des Hermès-Halstuchs (Gebundene Ausgabe)

Diesen traumhafte Bildband hat Nadine Coleno auf den Weg gebracht. Sie ist die Herausgeberin der Reihe "Vivre l`art et l`atelier" in Paris.

Der Einleitung von Pierre-Alexis Dumas (er verstarb am 1.5.2010) kann man entnehmen, dass das "Carré Hermés" einst ein Geistesblitz war. Der Schöpfer des reinen Seidentuchs, der Großvater von Pierre -Alexis, Robert Dumas, trat hinter die Idee des Carrés zurück. Robert und dessen Sohn Jean Louis waren unermüdlich auf der Suche nach Motiven, Kompositionen und Farben, begleitet von Designern. Diese wurde ergänzt durch Graveure, Koloristen und Stoffdrucker.

Das Buch enthält eine Fülle von Abbildungen unterschiedlicher Motive des "Carré Hermés" und folgende Textbeiträge:

-Die Saga des Carrés
-Das Carré- Universum der Formen
-Das Carré- Philosophie der Farbe
Hinzu kommen alle Bildunterschriften, die Fussnoten, die Bibliographie und der Dank zu Schluss.
Jedes der Motive erzählt eine Geschichte. Die qualitativ hochwertige Seide eines jeden Carrés lebt, egal ob man sie knotet, spannt, dreht, faltet, plissiert, rollt oder zusammendrückt. Auch die Farben der Tücher leben.

"Ex-Libris" ist seit 1946, umgeben von einer Postkutsche und einer Kalesche, der Inbegriff eines einfachen und klaren Designs. 2008 folgte eine Kopie mit leicht gepixelten Konturen. Es handelt sich hierbei um das Mosaik, welches auf dem Boden im Faubourg-Saint-Honoré 24 das Motiv darstellt. "Mosaique au 24" ist in meinen Augen das schönste Motiv, das ich auf den Seidentüchern von Hermès bislang gesehen habe.
Das Haus Hermès war übrigens einst ein Sattler und Geschirrhersteller. Insofern wundert es sicher nicht, dass das weltweit am meisten verkaufte Tuch das legendäre "Brides de gala" ist. Man erfährt, dass in der westlichen Welt der Gebrauch quadratischer Tücher von der Antike bis ins 19. Jahrhundert entsprechend seiner Bestimmung zwischen männlicher und weiblicher Verwendung wechselte. Bei den alten Griechen trockneten sich die Männer damit das Gesicht ab. Die Frauen im 16. Jahrhundert nahmen es als Liebespfand entgegen und so wechselte es immer wieder. Interessant ist, was Diderot in seiner großen "Enzyclopedie" darüber schreibt, aber auch, wozu die Soldaten im 19. Jahrhundert das Halstuch nutzten.

Man liest in der Folge von zahlreichen Motiven der insgesamt 2000 Carrés der Pariser Traditionsfirma Hermés und hat Gelegenheit sich in eine Vielzahl dieser Motive zu versenken. Je mehr man sich mit den Texten befasst, um so klarer wird, dass die Motive auch unter künstlerischen Aspekten bemerkenswert sind, (siehe Seite 60ff). Thematisiert werden Kreis und Carré, Zufälligkeiten und Linien, dynamische Diagonale, Formen und Motive traditioneller Bekleidung, Porträts und Perspektiven. Auch wird man sehr gut mit der Philosophie der Farben vertraut gemacht.

Ich staune, was auf den Motiven alles zu sehen ist. Sehr schön ist ein Carré, das ein Fülle unterschiedlicher Federn zeigt. Mir gefällt auch ein Motiv mit herbstlichen Blättern auf dunkelbraunem Hintergrund und ein Carré mit dem Titel "LES OISEAUX DES CHAMPS ET DES BOIS." Die bunten Singvögel sind allerliebst. Die traditionellen Carrés, mit Pferdemotiven sind natürlich auch sehr schön, treffen allerdings nicht meinen Geschmack. Mich begeistert "Les jardins d`Andalousie" der wundervollen Motivgestaltung wegen.
Zauberhaft sieht ein Carré aus, das alte, sehr schöne Flacons zeigt und sehr dezent sind die indischen Motive von Michel Duchéne aus dem Jahre 1986.

Hätte ich die Wahl zwischen all den gezeigten Carrés, würde ich allerdings zu "Mosaique au 24" tendieren. Es ist einfach atemberaubend schön in seiner Schlichtheit.

Ein exzellentes Buch über ein edles Modeaccessoire aus Frankreich.
Das rezensierte Produkt ist überall im Handel erhältlich.

copyright Fotos: "Collection Rolf Heyne"



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Rezension: Seide und Geschmeide- 100 Jahre Schmuck und Mode. Eine Stilgeschichte

Autorin dieses Buches ist Carol Woolton, die Schmuckredakteurin der britischen Vogue, die als eine international führende Schmuckexpertin gilt.

Symbolisierten Juwelen ursprünglich eher Reichtum als Stil, gingen in den letzten 100 Jahren Mode und Schmuck eine zunehmend engere Verbindung ein. In Zeiten der "Belle Époche" tauchten erstmals deutliche Gemeinsamkeiten in der Kollektion von Couturiers und Juwelieren auf. Damals wurden Korsettkleider aus Chiffon und Crepe de Chine in Gold und in Silber mit Rosen und Lilien bestickt. Diese auch prägten thematisch den Girlandenstil des Schmucks um die Jahrhundertwende.


Als eine der ersten Couturiers wandte sich Coco Chanel dem Schmuckdesign zu. Sie schuf gemeinsam mit dem sizilianischen Fürsten Fulco di Verdura den juwelenbesetzten Armreif mit Malteser-Kreuz, das vor geraumer Zeit eine Renaissance erfuhr. Mittlerweile kommen übrigens Mode und Schmuck gewissermaßen aus einer Hand.


Im Rahmen vieler Fotos werden im Buch Schmuckstücke vorgestellt, die in den letzten 100 Jahren kreiert worden sind. Es wird das Zusammenspiel zwischen bestimmten Kleidungsstücken und Schmuck, beispielsweise zwischen Twinset und Perlen und das Zusammenspiel moderner Ikonen wie Lady Di, Lady Gaga etc. und der Mode-und Schmuckwelt aufgezeigt.


Themen sind u.a. "Art nouveau", das im deutschsprachigen Raum als Jugendstil bekannt ist. Dieser Stil war mehr eine Denkweise, denn ein Stil und zwar eine solche, die mit klassischen Stilen brach und selbst aus reinen Gebrauchsgegenständen Kunstwerke machte. Im Schmuckbereich war "Art nouveau" für in Läden und Büros zunehmend tätige Frauen, denen Juwelen bis dahin als elitär gegolten hatten, der passende Stil, (vgl.: S.13). Man liest von René Lalique (1869-1945) dessen Art-nouveau-Ästhetik die französische Schmuckindustrie von einem Gewerbe in eine Kunst umwandelte und hat Gelegenheit, einige seiner Arbeiten zu bewundern, (siehe Seite 13-15).


Gabrielle Chanel (1883-1971) soll im schwarzen Pullover mit 10 Perlensträngen um den Hals die Mode revolutioniert haben. Sie war es, die als erste dafür eintrat, echten mit falschem Schmuck zu mischen. Fotografisch vorgestellt wird u.a. ein Halsband von Chanel aus dem Jahre 1932. Die Tatsache, dass sie ihre teuren orientalischen Perlen inmitten einer Reihe von Fälschungen trug, zeigt mir, dass Coco Schmuck als das Begriffen hat, was er ist und nicht als Wertanlage.


Man liest von der Blumenmode, hier auch von Schmuckblumen sowie von Jean Schlumberger (1907-1987), der bei Tiffany u. Co. der erstmals genannte Schmuckdesigner war und lernt eine Fülle von Arbeiten mit Blumenmotiven unterschiedlicher Designer kennen, darunter eine sehr hübsche emaillierte Orchideenbrosche mit Diamanten von Tiffany u. Co.


Es ist unmöglich all die Schmuckstücke im Buch im Rahmen der Rezension zu thematisieren. Mir gefallen die Arbeiten des britischen Designers Theo Fennell (geb.1951), der aus kühnen Farbblöcken extravaganten Schmuck kreierte. Sein Juweliersalon wurde zu einem Leuchtfeuer für innovatives Design in sprühenden Farben, wie Abbildungen sehr schön zum Ausdruck bringen, (vgl.: S.80).


Nicht uninteressant auch ist der "Maharani-Stil", der erstmals in den 1930er Jahren auftauchte und der wohl von den Reichen und Schönen in den 60er Jahren gerne getragen wurde. Orange Feueropale, lavendelfarbene Cordierite, gelbe Zitrine, Peridots und rosa Turmaline entzücken gewiss nicht nur Inderinnen als schmückendes Beiwerk zu einem dünnen Sommergewand.


Man liest von einem altrosa Stein mit dem Namen Kunzit, der seinen Namen dem Juwelenkönig und berühmtesten Gemmologen der Welt, Georg Frederick Kunz verdankt, der von 1880 bis 1927 im Dienst von Tiffany u. Co stand. Die Kollektion "Cherry Blosson" von Shaun Leane ist mit ihren blassrosafarbenen Emailblüten und zierlichen rosa Perlen auf feinen Zweigen aus Gold und oxidiertem Silber, die einen Finger und die Ohrläppchen zieren, als Beiwerk zu schlichten Sommerkleidern geeignet.


Über Taschenuhren wird man aufgeklärt und erfährt, das diese im 16. Jahrhundert entwickelt wurde, sowie im späten 19. Jahrhundert zur Standardausrüstung der Eisenbahner zählten. Die extraflache Taschenuhr von Cartier aus dem Jahre 1905 würde ich als Geschenk nicht ablehnen.


Sobald Juweliere Spitzen-, Häkel- und Strickgewebe in sanft gewebten, metallischen Kettenstoff oder Stücke aus goldenen Spinnenfäden uminterpretieren, verschwimmen die Grenzen zwischen Stoff und Schmuck, wie ein Foto zeigt.

Begeistert bin ich, dass man auch einige wundervollen Schmuckstücke aus dem Hause Hemmerle abgelichtet hat, zu denen ich vor einiger Zeit bereits eine Rezension schrieb. Dieses Haus fertigt faszinierende Schmuckstücke aus Messing, Kupfer, Eisen und rostfreiem Stahl an und lässt ein Nebeneinander eines gewöhnlichen Metalls und eines spektakuären, tiefblauen Aquamarins oder auch eines orangefarbenen Diamanten zu. Von all den vielen Schmuckstücken im Buch gefallen mir die Arbeiten Hemmerles derzeit am besten, weil sie an Ästhetik nicht zu überbieten sind. Die abgebildeteten Armreife passen gut zu Kleidung im Stil von Armani oder Jil Sander und lassen weiteren Schmuck im Grunde nicht zu. Nichts für verspielte Frauen.


Ein großartiges Buch.
Bilder: Mit freundlicher Genehmigung des Prestel Verlages