Bevor ich begonnen habe mich mit den vielen schönen Titelblättern und Fotos, aber auch mit den bemerkenswerten , sehr differenzierten Beiträgen des vorliegenden Buches auseinanderzusetzen, habe ich zunächst den erhellenden Text der von mir sehr geschätzten, leider mittlerweile bereits verstorbenen, amerikanischen Intellektuellen Susan Sontag zum Thema Mode und Modefotografie gelesen. Dieser ist neben anderen hervorragenden Beiträgen , so etwa von Truman Capote und Aldous Huxley in die " Illustierte Geschichte des berühmtesten Modemagazins der Welt " begleitend eingefügt worden.
- Mode ist für Sontag eine Visualisierung des Erotischen. Ihr Sujet , so die Intellektuelle, sind bildschöne Frauen, und Frauen stellen auch zum Großteil das Publikum für diese Bilder, wenn sie in Zeitschriften erscheinen: Frauen mustern Bilder von Frauen auf der Suche nach einer Idee vom Erotischen.- An anderer Stelle ihres Textes hebt sie dann noch folgenden Gedanken hervor:- Meisterhafte Fotografie ist mehr als das Fotografieren von Mode. Bei der Fotografie ist der Kontext praktisch alles. Doch die Fotografie lässt sich nie fest in einen Kontext verankern, so wenig, wie man sie vom Wandel der Zeit entkoppeln oder vor ihm bewahren kann. Die Kamera hält die Zeit an.- So weit Susan Sontag.
Um dieses Buch zu rezensieren ist es notwendig Prioritäten zu setzen. Wie bloß macht man das, wenn Vieles das Auge erfreut und man diese Freude mit den Lesern der Rezension gerne unbegrenzt teilen möchte?
1892 erschien in New York die erste Ausgabe der Vogue. Diese Zeitschrift bestimmte die Regeln des gesellschaftlichen Verkehrs und wurde nicht nur von all jenen verschlungen, die sich in New York als Elite betrachteten, sondern auch von denjenigen, die alles dransetzten dazuzugehören. Die Titelblätter der ersten Jahre erinnern an Jugendstilmotive.
Das frühe 20. Jahrhundert war das Zeitalter der Titelblattillustration, das erst Mitte der dreißiger Jahre durch die Fotoära und schließlich durch das Zeitalter des Marketing abgelöst wurde. Neben professionellen Illustratoren, wie etwa J.M. Flagg, befassten sich auch berühmte Maler mit der Illustration von Titelblättern. Gezeigt werden u.a. Arbeiten von Toulouse- Lautrec, Klimt, Mucha, Brandt und Dali. Hüte sind in den Anfängen des Jahrhunderts ein zeichnerisches Thema aber auch Handschuhe werden als ernst zu nehmendes Accessoire dargestellt.
Der Fotograf de Meyer hatte der Fotografie im Allgemeinen und den Seiten der Vogue einen besonderen Stempel aufgedrückt. Fließende Schleier, helle lichtdurchflutete Salons voller Luxusgüter und wie Göttinnen gekleidete Frauen hatten Kunst und Romantik in die Welt der Mode gebracht.
Unglaublich ästhetisch wirkt ein Foto, auf dem das Modell ( Koopman) und das Kleid(von Auguste Bernard) vor einem Hintergrund, der für den Fotografen Hoyningen-Huene typischen Art die Silhouette betont. Sehr edel! Modelle in dieser Zeit waren nicht selten Damen der High Society , wie etwa die Herzogin von Windsor oder auch Coco Chanel, die auf einem 1937 entstandenen Foto noch schöner und entrückter erscheint als die damalige Filmdiva Greta Garbo.
Der Fotograf Rawling , der über 200 Titelbilder für die Vogue lieferte, zeigt Mode direkt und informativ. Sein Ziel war es Schönheit mit Klarheit zu verbinden. Anfang der 40er Jahre kamen neue Stile auf , neue Moden, neue Freizeitvergnügen. Der bevorzugte Frauentyp änderte sich. Farbfotos gab es nun schon seit 1932. Diese verdrängten ganz allmählich die Schwarz-Weiß-Fotos. Hierdurch wurden die abgelichteten Damen lebendiger und die Kleider zu einem greifbareren Blickfang. Conde Nast, zu Anfang des letzten Jahrhunderts, später Libermann waren die bedeutenden Köpfe des Blattes. Sie erfanden gemeinsam mit den Chefredakteurinnen Vreeland und Mirablla das Blatt immer wieder neu. Ende der 50er Jahre dann spielte der Einfluss des Films eine nicht unwesentliche Rolle.
Gezeigt wird ein wunderschönes Foto von der damals blutjungen Brigit Bardot, mit traumhafter Haarpracht. Auch die Monroe diente nun als Modell. Auf einem Portrait schaut die schwarz gekleidete Marylin nachdenklich zu Boden. Auf einem anderen Bild sieht man bereits das Ende der Schönen. Ihr Blick ist nun schon leer und ohne wirkliches Leben. Dann folgen die ersten Miniröcke. Erfunden wurde das Kleid in Manchester und Mary Quant nahm es 1965 in ihre Kollektion auf. Mit der Durchsetzung des Jugendphänomens verschwanden die heiligen Statussymbole der Mode. Jeans, T-Shirts und Miniröcke ersetzen die steifere Kleidung der 50er Jahre. Pierre Cardins geometrische Entwürfe sind sicher noch einigen geläufig, vielleicht auch der Andre Courreges Stil, der den Aufbruch ins Raumfahrzeitalter zum Thema machte.
In den 70er Jahren wird die Modefotografie dann sinnlicher und spiegelt insofern die sexuelle Revolution wider. Veruschka von Lehndorf, Laura Hutton, Penelope Tree und Jean Shrimpton sind nun die Gesichter der Zeitschrift.
In die Aufnahmen kommt Bewegung, auch sind die Modelle jetzt auffälliger geschminkt. Die sinnlichen Lippen werden zum Blickfang im Gesicht, während es zu Beginn des Jahrhunderts noch die Augen waren.Helmut Newtons Fotografien sind von aufgeladener Sexualität. Jetzt blickt das aufreizend schöne Modell ihrem Liebhaber frivol ins Gesicht und ergeht sich in sexuell einladenden Gesten. Dieser Phase folgt die Mode zu Ende des vergangenen Jahrhunderts mit den spektakulären Fotomodellen, wie etwa Linda Evangelista oder Tatjana Patiz. Die neue Chefredakteurin Anna Wintour verlieh in jener Zeit der Vogue ein neues Anlitz.
Wunderschön ist das Titelbild der Novemberausgabe 1999, auf dem alle Starmodelle in eng anliegenden Abendkleidern abgelichtet sind. Besonders attraktiv ist Gisell Bündchen in ihrem schlichten, weißen Kleid.
Die Fotografie des neuen Jahrhunderts präsentiert sich in Newtons Cindy Crawford. Diese trägt einen kristallbesetzen Bikini von Georgio die Sant Angelo, räkelt sich damit lasziv an einen Baum und sieht umwerfend gut aus. Erotik pur. Die dann 2004 abgelichtete nackte Frau epischen Ausmaßes ist der Abtörner. Da blättert man doch lieber weiter und erfreut sich stattdessen des Fotos der vollkommen entblößten , sehr anmutigen Kate Moss, bevor man sich schließlich den bemerkenswerten Aufnahmen verschiedener First Ladies zuwendet und entzückt ist von dem netten Foto, dass Ann Leibovitz von Hilleray Clinton aufgenommen hat und das deren vielschichtige Intellektualität vortrefflich sichtbar werden lässt.Ganz zu Ende des Buches entdeckt man schließlich das Foto der jungen , sehr aparten Jackie Kennedy, die gemeinsam mit ihrem Mann und ihrer kleinen Tochter lachend auf einer Wiese sich des Lebens erfreut.
Jackie, eine Frau mit dem gewissen Etwas, hat wie keine andere weibliche Person die Grundideen der Vogue verkörpert: Eleganz und Distanz auf allerhöchstem Niveau.
Dieses Buch ist ein Traum, den Sie sich gönnen sollten.
Bitte klicken Sie auf den Button, dann gelangen Sie zu Amazon und können das Buch bestellen.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen