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Rezension: Parfüm- Eine sinnliche Kulturgeschichte

"Parfum ist eine sinnliche Ausstrahlung in die Welt. Unbekümmert tritt sie der vergehenden Zeit entgegen, die sie als ein Spiel der Metamorphosen begreift." ( Gerard Delcour)
Die Journalistin Renate Lohse-Jasper hat ein hochinformatives Buch über die Kulturgeschichte des Parfums geschrieben.

Parfum ist die Bezeichnung für die aus natürlichen oder synthetischen Riechstoffen unter Zusatz von Haftmitteln ( Fixateuren) und Lösungsmitteln( meist reinem Alkohohl ) hergestellten Duftkompositionen. Für die Parfum- Herstellung wählt man die Riechstoffe entweder so aus, dass Gerüche entstehen, die natürlichen Vorbildern gleichen, oder man stellt sie nach bestimmten Rezepturen zusammen, dass sich Fantasiegerüche ergeben.

Als Fixateure, die vor allem die Verdunstung der Riechstoffe herabsetzen, werden Extrakte wohlriechender Harze und anderer pflanzlicher Produkte verwendet, daneben auch tierische Fixateure wie Ambra und Moschus sowie synthetische Produkte.

Die Autorin erläutert zu Beginn des Buchs zunächst gut nachvollziehbar die Mechanismen der Geruchswahrnehmung, die so genannte Olfaktion und lässt dabei nicht unerwähnt, dass Sexualduftstoffe, die man Phermone nennt, eine zentrale Rolle in der Geschlechterbeziehung spielen. Parfums wurden stets dafür eingesetzt die Sinne zu betören, vor allem jene des anderen Geschlechts.

Lohse- Jasper vertieft sich zunächst in die Duftstoffe: Rose, Lavendel, Tuberose (gemeint ist die Nachthyazinthe), mit stark duftenden Blüten, die ausschließlich in der Parfumindustrie genutzt wird und deren Öl man mit Gold aufwiegen kann. Das Kilogramm kostet zwischen 10 000 und 15 000 Euro. Tuberose Absolue ist eines der teuersten Produkte, die ein Parfumhersteller zur Verfügung hat.

Des Weiteren thematisiert die Autorin Jasmin, Bitterorange als auch Holz, Gras, Moos und Harze.

Natürlich klärt Lohse-Jasper auch über die so genannten Duftfamilien auf: Unter " Grün-Noten " versteht man spritzige Duftnoten in einer sehr modernen, frischen Richtung mit feiner balsamischer Abrundung. Unterschieden wird zwischen frischen und balsamischen, leichten und kühlen Noten von Zitrone und Kräutern der grünen Richtung als auch weichen, warmen Noten aus Naturprodukten. Chanel Nr. 19 und Alliage /Lauda sind Düfte dieser Art.

" Blumige Noten " unterscheidet man in die Richtungen fruchtig-frisch, blumig-frisch, blumig und blumig-süß, Amazone/Hermes auch Fidji/Laroche gehören dazu.

" Aldehdyd-Noten " kommen in der Natur kaum vor. Es sind synthetisch hergestellte Düfte. Zu ihnen zählen Chanel Nr. 5 aber auch White Linen/Lauda gehört dazu.

" Chypre-Noten " beruhen auf den Kontrast von bergamottebetonter Frische und einem Eichenmoos-Fond. Miss Dior ist ein Parfum dieser Art.

" Orientalische Noten " sind an ihrer schweren Süße erkennbar, welche durch verschiedene Harze und tierisch Duftstoffe erzielt wird. Jicky/ Guerlain und Shalimar/Guerlain kann man hier zuordnen.

" Tabak/Leder-Noten " beeinhalten teerige und tierische Elemente und sind betont männliche Düfte, wie etwa Cuir de Russie/ Chanel.

Schließlich noch " Fougere-Noten " , sie gehören ebenfalls den männlichen Düften an und zeichnen sich durch Lavendel und Moos mit einer Cumarin-Komponente im Hintergrund aus.

Lohse- Jasper skizziert den langen Weg der Wohlgerüche beginnend in Mesopotamien, der Wiege der Zivilisation über Ägypten, das alte Israel, - auch Judith verwendete feine Düfte als Verführungsmittel, als sie Holofernes in seinem Zelt die Aufwartung machte, um ihr Volk aus der Unterdrückung zu befreien. " Dort legte sie das Bußgewand ab, das sie trug, zog ihre Witwenkleider aus, wusch ihren Körper mit Wasser und salbte sich mit wohlriechender Salbe... " - bis hin zu den Griechen und Römern. Die Badekultur im kretischen Knossos, so erfährt man, war bereits hoch entwickelt. Ein Schüler des Aristoteles - Theophrast- hatte in einem Buch über Düfte bereits erklärt, wie man Parfüm nicht nur aus den Blüten von Rosen, weißen Nelken und Lilien hergestellt, sondern auch aus deren Blättern, Stengeln und Wurzeln.

Nicht nur Frauen auch Männer im alten Griechenland parfümierten sich, sogar der zerlumpte Exzentriker Diogenes liebte wohlriechende Salben, zumindest an seinen Füßen.

Höhepunkt der Verwendung und Verschwendung von Luxusdüften in der römischen Kaiserzeit war unter Caligula, Nero und Salvius Otho.

Man unterschied damals: feste Salben, auf öliger Basis aufgebaute flüssige Salben und Duftpulver.

Die Autorin widmet der fernöstlichen Tradition der Duftherstellung ein Kaptitel und der arabischen Destillation.

Aus Apothekerchroniken geht hervor, dass in Deutschland um 1500 etwa zehn verschiedene destillierte Öle bekannt waren, um 1600 aber schon hundert.

Dem Frauenbild der Renaissance entsprach nicht nur das Bild der " gentildonna ", sondern auch der Kurtisane. Diese musste eine gute Allgemeinbildung und Fremdsprachenkenntnisse besitzen, sich im Bereich von Literatur, Musik und Philosophie auskennen und alle Praktiken der Schönheitspflege beherrschen.

Kurtisanen benutzen Duftwasser mit Vorliebe, denn sie wussten um deren verführerische Wirkung.

In Versailles wurde schlechter Geruch durch Parfum neutralisiert. Darüber schreibt die Autorin ebenso kurzweilig, wie über die Geschichte des Hauses 4711 in Köln.

Die Parfümstadt Grasse wird im historischen Kontinuum gezeichnet und in der Folge die großen Pariser Parfumdynastien vorgestellt.

Sehr interessant ist die Geschichte des Hauses Guerlain. Um nahezu alle Guerlain- Düfte ranken sich Legenden. Begriffe wie " Shalimar " , " Samasara " entführen in eine andere Welt und schenken der Fantasie großen Spielraum.

Der Zusammenhang zwischen Mode und Düften wird breit gefächert dargelegt und über Chanell , Lagerfeld, Yves Saint Laurent und Armani wird berichtet. Ferner lernt man die große Dame der Kosmetik Helena Rubinstein näher kennen, der es nicht nur um erotische Verlockung, sondern ebenso um eine " notwendige Ausrüstung " für die Behauptung der modernen Amazonen in einer von Männern beherrschten Welt ging.

Auch interessant ist die 5000 Jahre alte Geschichte der Flakons, in denen die feinen Düfte aufbewahrt werden und darauf warten verschwenderische Benutzerinnen zu finden.

Neben recht bemerkenswerten Marktanalysen, kann man sich zu Ende des Buchs noch in ein Interview mit dem Berliner Parfümeur Harry Lehmann vertiefen und sich im Lexikon der Fachbegriffe schlau machen, um beim nächsten Gang in eine Parfümerie mit dem Personal ein wenig fachsimpeln zu können. Basis -Kopf- und Herznote lassen sich einfacher eruieren, wenn man erst einmal weiß, dass es sie gibt.

Ein hochinformatives Buch für Menschen, die die schönen Dinge des Lebens mit Freude genießen.

Empfehlenswert!





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