Dieses Blog durchsuchen

Rezension: Wiener Chic- Susanne Bisovsky - Verlag Anton Pustet

Die Modedesignerin #Susanne_Bisovsky war bei den Designerlegenden Jean-Charles de Castelbajac, Vivienne Westwood, Marc Bohan und Helmut Lang tätig. Für Lang produzierte sie 1995 das "Dress oft he year". Des Weiteren erhielt sie für ihre Diplomkollektion "Be-tracht-ung" das Fred- Admüller-Stipendium. 

Neben ihrem eigenen Label hat Susanne Bisovsky für nationale und internationale Modehäuser designt. Zudem entwirft sie parallel zu Modedesign Kostüme für die Salzburger Festspiele und das Teatro alla Scala bis zur Staatsoper Wien. Seit 2020 widmet sie sich verstärkt ihren eigenen "Everlasting Collections" und dem Bekleidungsbild einer imaginierten Stadt. In diesem Buch lernt man ihre ungewöhnlichen Kollektionen kennen.

Die Designerin nennt Wien zu Beginn des Bildbandes "eine alte Dame, die früh zu Bett geht und lange schläft". Was bedeutet dies im Hinblick auf die Mode, die man in dieser Stadt trägt? Lassen Sie sich überraschen.

Barbara Vinken schreibt in der Einleitung, dass Kleider nicht nur Motive speichern, sondern auch längst vergessene Textiltechniken. Bisovsky arbeite in Form von Palimpsesten kostbare alte Stoffe aus ritueller Kleidung geduldig und kenntnisreich überall zusammengesucht, in ihre designten Kleider ein. Ihre Handarbeit im eigenen Atelier sei "atemberaubend kunstvoll". Jedes eigene Stück werde so zum Einzelstück, das zeitlos altere wie ein Gemälde.  Das kann man bestätigen, wenn man  sich in die Bilderwelt des Buches vertieft hat. Bisovsky habe als erste Designerin verdeutlicht, dass eine Frau ohne Vergangenheit, keine Zukunft habe, liest man weiter und stimmt auch hier gerne zu.

Elisabeth Lange schreibt, dass Susanne Bisovsky zu den Ausnahmeerscheinungen in der Mode zähle, die dem Zeitgeist und dem Prinzip des Vernichtung des Aktuellen misstrauen. Dabei entwickele sie eine eigene Art der Reanimation von Vergangenem und zaubere aus bekannten Stücken etwas Unbekanntes, das über den Gezeiten der Mode stehe. Ihre Arbeiten sprächen die Sprache vieler Trachten, nationaler Gewandungen, lokaler Klischees, vergessener, verstoßener und verlorener Traditionen. 

So lernt man anhand von Fotos diverse Arbeiten ihrer Kollektion "Be-tracht-ung" kennen, wo sie Trachtenteile in Latex einarbeitete und auf diese Weise neue Oberflächen kreierte. Trachtenpunk zeigt dann Totenköpfe und Religiöses, verwoben mit Trachtenblümchenlook und irritiert  bestimmt nicht nur konservative Wienerinnen. 

Weiter geht es mit der "Everlasting Collection". Hier darf man sich zunächst erneut in ein Zitat von Susanne Bisovsky vertiefen. Sie schreibt: "Nichts ist unmoderner als der modische Höhepunkt der Zeit." Auch hier stimmt man gerne zu.

Mode werde in der turbokapitalistischen Zeit immer kurzlebiger, werde immer mehr zur Wegwerfware. Dem setzt die Designerin etwas entgegen: Unikate der besonderen Art, zeitlos, an Vergangenes und Zukünftiges erinnernd. Kunstwerke, die aus Frauen keine Modepüppchen machen, sondern erdverbundene Bäuerinnen mit subtiler Eleganz einer Großstadt, in der man sich noch an Sissi erinnert...

Weiter geht es dann mit der Kollektion "Wiener Chick", Trachtenmotive im Rokkoko-Ambiente, gefolgt von "Chic Slavique", die von den Farben her an russische Babutschkapuppen erinnert.

Unmöglich, im Rahmen dieser Rezension alle gezeigten Kollektionen hier zu streifen. Innerhalb von 30 Jahren hat die Designerin viel auf den Weg gebracht, gewiss Vieles auch, was Trägermut erfordert, selbst bei nicht konservativen Damen. Iris Apfel (97 Jahre) hat diesen Mut und trägt einen Bikovsky-Rock über Jeans. Sieht witzig aus.

Die Mode von Susanne Bisovksy ist für Frauen gedacht, die eher lustwandeln, als Karriere zu machen, so mein Eindruck. Ob man allerdings im "Mizzi"-Look (Mizzis sind keine erdverbundenen Bäuerinnen mit subtiler Eleganz der Großstadt, sondern leicht frivole Männerträume) bei "Sacher" oder "Demel" angemessen gekleidet ist, wissen nur die Wiener selbst. Auf dem Opernball jedoch geht alles, auch der Mizzi-Look.

Spannend und empfehlenswert. 

Helga König 

Onlinebestellung bitte hier klicken: Verlag Anton Pustet oder Amazon