Wie man dem Klappentext dieses hervorragenden Buches, dem ich eine große Leserschaft prophezeie, bereits entnehmen kann, hat die Journalistin Henriette Schroeder mit 23 Frauen Gespräche geführt, die Kriege, Belagerungen, Inhaftierungen, Flucht und Erniedrigung überlebt haben und die furchtbaren Zeiten auch deshalb überstanden, weil sie bei aller Not auf ein gepflegtes Äußeres geachtet haben, das sie das Gesicht wahren ließ und sie nicht aller Würde beraubte.
Frauen legten in allen Zeiten und in allen Kulturen Wert auf ihr Äußeres, schminkten sich, benutzten Eau de Parfum, nicht nur um ihre Weiblichkeit, sondern offenbar auch, um Selbstachtung und Würde zu unterstreichen. Selbst wenn ihre Welt bedroht oder bereits untergegangen ist, ist für viele Frauen der Lippenstift bzw. der Wille auf ihr Äußeres zu achten, stets auch ein Indiz für Überlebenswillen.
Ziel von Henriette Schroeder war es, aufzuzeigen, dass das gängige Klischee nicht zutrifft, dass in furchtbaren Zeiten das Äußere unwichtig wird. So ermittelt sie in einem Gespräch mit der Psychologin und Psychotherapeutin Dr. Elisabeth Jupiter, dass kleine Gesten wie das Eincremen des Gesichts eine Metapher für ein anderes Leben sein können, für das Leben vorher, und, durch den Überlebenstrieb gespeist, auch das Leben nachher. Der Eindruck sauber und gepflegt zu sein, schaffe Distanz vom drohenden Tod und suggeriere normale Lebendigkeit.
Totalitäre Systeme, so die Autorin, sehen ihre Frauen am liebsten "in grauer Einheitskleidung, ungeschminkt und mit braver Frisur". Eine der interviewten Frauen, Senka Kurtovic, Direktorin der Nachrichtenabteilung eines Radiosenders in Bosnien schreibt: "Ohne Würde gibt es keinen Widerstand. Und diese Würde muss sowohl ethisch als auch ästhetisch auf hohem Niveau sein." Kurtovic hat wie viele andere der Frauen, die im Buch zu Wort kommen, schlimme Zeiten hinter sich bringen müssen. Sie theoretisiert nicht, sondern spricht aus Erfahrung.
Es sind interessante Fragen und bemerkenswerte Antworten, die man dem Buch entnehmen kann, so etwa die Frage "Wie können sich Frauen in Flüchtlingslagern um ihre Erscheinung kümmern?" oder auch "Signalisierte Mode zu Kriegszeiten auch Hoffnung auf Überleben, Würde, Trotz, war es Vortäuschen von Normalität?"
Die Kurdin Choman Hardi promovierte an der University of Kent in Canterbury über die psychische Verfassung von weiblichen kurdischen Flüchtlingen. Sie weiß, dass Kleidung Signal für Identitätswechsel und insofern ein Brennpunkt für Konflikte zwischen den Generationen darstellt und Kathy Peiss, Professorin an der University of Pennsylvania liebt nicht grundlos ein Zitat der Zeitschrift "Vogue" aus dem Jahre 1933, welches besagt, dass "Lippenstiftauftragen eine der Gesten des 20. Jahrhunderts" geworden sei. Lippenstifte sind in Zeiten der Not, sozialen Veränderungen und Krisen offenbar besonders beliebt.
Die Kurdin Choman Hardi promovierte an der University of Kent in Canterbury über die psychische Verfassung von weiblichen kurdischen Flüchtlingen. Sie weiß, dass Kleidung Signal für Identitätswechsel und insofern ein Brennpunkt für Konflikte zwischen den Generationen darstellt und Kathy Peiss, Professorin an der University of Pennsylvania liebt nicht grundlos ein Zitat der Zeitschrift "Vogue" aus dem Jahre 1933, welches besagt, dass "Lippenstiftauftragen eine der Gesten des 20. Jahrhunderts" geworden sei. Lippenstifte sind in Zeiten der Not, sozialen Veränderungen und Krisen offenbar besonders beliebt.
Frauen in der ganzen Welt versuchen sich selbst in Phasen extremer Erniedrigung ihre Schönheit und Weiblichkeit zu bewahren, wie das Beispiel von Edda Schönherz zeigt, die seitens der Stasi gedemütigt wurde. Man liest von den Niederträchtigkeiten der Nazischergen und all den anderen Psychopathen, die besonders auch hochgebildeten Frauen die Würde nehmen wollten, so etwa der Wissenschaftlerin Libuse Brodova, die nach dem gescheiterten "Prager Frühling" 15 Jahre als Putzfrau arbeiten musste und sich ganz bewusst nicht gehen ließ, weil die Vernichtung von innerer und äußerer Schönheit genau das ist, was die Niederträchtigen auf dieser Welt bezwecken, weil sie selbst spießig und kleinkariert, alle auf ihr Niveau zurechtstutzen wollen.
Unter den vielen erhellenden Beitägen findet man auch Reflektionen zu dem Thema seitens der Literaturnobelpreisträgerin Herta Müller und der CNN-Starreporterin Christiane Anampour.
Sehr empfehlenswert.
Bitte klicken Sie auf den Link, dann gelangen Sie zum Elisabeth Sandmann- Verlag und können das Buch direkt bestellen. http://www.elisabeth-sandmann.de/893/ein-hauch-von-lippenstift-fuer-die-wuerde. Sie können es aber auch bei ihrem Buchhändler um die Ecke ordern.
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