Autor dieses lesenswerten Büchleins ist der Chefparfümeur von Hermès: Jean-Claude Ellena. Viele seiner Kreationen habe ich schon ausprobiert und komme dann doch immer wieder auf "Un Jardin après la Mousson" zurück, einem Duft, der mich einfach unwiderstehlich anzieht. Ellena berichtet u.a. von seiner Reise nach Indien, die er dieser Kreation wegen unternommen hat und erzählt in dem Zusammenhang von den Indern, die ihre Gärten mit nichts als ein wenig Geduld und ein paar grammweise gekaúften Samen in ein Paradies verwandeln. Schon erstaunlich, zu welchen Duftergebnissen deren Bemühungen führen, die Ellena so vortrefflich interpretiert hat.
Der Reiz des Buches besteht für den Leser darin, mehr über das Denken und Träumen des Mannes zu erfahren, der Parfümliebhabern solch subtil aufeinander abgestimmte Duftkompositionen schenkt. Seine Texte muten wie essayistische Tagebucheintragungen an, in denen er u.a. über seine Reisen, seine Begegnungen sowie seine Kreationen kurzweilig zu berichten weiß.
Der Vater dieses hochgebildeten Connaisseurs war bereits Parfümeur. Dieser Vater war es auch, der den Sohn mit der Bedeutung der Nase vertraut gemacht hat. Ellena philosophiert in der Folge über olfaktorische Vermächtnisse und auch darüber, dass bis in den siebziger Jahren Parfüms als vollendete Werke betrachtet worden sind.....
Obschon sich in der Regel Duftkreationen immer ähnlicher werden, ist Ellena einen anderen Weg gegangen. Dies ist auch der Grund, weshalb ich seine Kompositionen so schätze. Es ist die eigenwillige Individualität, die seine Düfte von vielen anderen abhebt. Der Parfümier konstatiert: "Tocqueville hat vorausgesehen, dass mit der Demokratie eine Vereinheitlichung der Geschmäcker einhergehen wird. Vielleicht ist die Tendenz der Preis der Demokratie." (Zitat: S.51).
Es ist mutig gegen den allgemeinen Duftstrom zu schwimmen, aber es ist letztlich nicht verwunderlich, dabei so erfolgreich zu sein, denn das Außergewöhnliche und Qualitativ-Hochwertige findet immer Menschen, die dies zu schätzen wissen. Ellena hört nicht mehr auf den Markt, wie er schreibt. Er stapelt die Ingredienzien nicht mehr aufeinander. Stattdessen legt er sie nebeneinander. Er hat aufgehört zu mischen, sondern bringt sie nun in Verbindung zueinander. Seine Parfüms sind vollendet und doch nicht fertig, wie er schreibt. Jedes ist mit dem vorangegangenen verbunden und soll bereits das nächste vorwegnehmen. Trotz dieser Tatsache gleichen die Düfte sich natürlich nicht, sondern es besteht nur eine subtile Verbindung zwischen ihnen. Ellena geht niemals von einer existierenden Formel aus, denn er arbeitet aus dem Gedächtnis an Variationen zu einem persönlichen Thema, das stets aufs Neue überarbeitet wird und woanders hin führt. Absichtlich lässt er Lücken in seinen Parfüms, damit jeder seine Vorstellung einbringen kann. Dabei spricht er übrigens von "Aneignungslücken", (vgl.: S.62).
Ellenas Texte beginnen im Oktober 2009 und enden ein Jahr später. Man staunt, wo auf dieser Welt überall er in besagtem Jahr seine Eindrücke gesammelt hat. Er hält sich in Messina auf und besucht dort die Bergamotte-Anlagen, ist in Cabris, in Paris, Moskau, in Hongkong, auch in Tokyo, in Kyoto und an vielen anderen Orten und nimmt auch die Einladung des Sternekochs Gagnaire nach Gembloux an, um dort gemeinsam mit Schriftstellern, Akademikern unterschiedlicher Fachbereiche und Universitätsrektoren das Festmenü zu genießen und die Eindrücke der feinen Menüdüfte abzuspeichern.
Der Franzose hat beim Komponieren der Düfte die Freiheit gesucht, aber die Düfte, so seine Worte, haben ihn bezwungen. Er könne nicht damit aufhören an Gerüche zu denken, aus Angst, dass der Sinn fürs Komponieren verloren gehe. Erst wenn der Duft mit keiner Erinnerung mehr verbunden sei, wenn er keine Blumen und Früchte mehr evoziere, wenn er ohne jedes Gefühl, ohne Empfindung sei, dann erst werde er zum Material des Parfüms, (vgl.: S.132).
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