Dieses aufschlussreiche Buch von Harriet Walker thematisiert den Minimalismus in der Mode, gemeint ist damit eine Schule innerhalb des Modedesigns, die sich der Vereinfachung von Kleidern verschreibt. Dabei ging es dieser Stilrichtung vom Beginn des 20. Jahrhunderts darum, pragmatische und funktionelle Kleidung für Frauen zu schaffen, die technisch hochwertig ist. Coco Chanel zielte damals bereits darauf ab, alles Unnötige, die Funktion beeinträchtigende zu eliminieren.
Man wollte die Werte der Damenmode neu definieren, wobei Modernität zu diesem Zeitpunkt als Vereinfachung im Sinne einer Klärung der Linie begriffen wurde. Walker betont, dass sich Verzierung und Minimalismus zwar nicht zwingend ausschließen, allerdings muss jede Form von Dekoration aus der Struktur des Kleides hervorgehen. Das besagt, dass es an einem Kleidungsstück nichts geben darf, was für die Gesamtstruktur irrelevant ist. Jedes Element sollte ein essentieller Teil des Ganzen sein. Zusammenfassend kann gesagt werden, dass der Minimalismus das Überflüssige und Oberflächliche meidet.
Wie man erfährt, ging der frühe Modeminimalismus mit einem Bewusstseinswandel einher, der gesellschaftspolitische Gründe hatte. Die Geschichte des Aufstiegs der modernen Frau wird im im Aufstieg Modeminimalismus dokumentiert. Die Garderobe der Frau wurde einfacher, damit sie besser den zahlreichen Anforderungen des Lebens gerecht werden konnte. Rückschläge in der Entwicklung des Minimalismus stand in Beziehung mit antifeministischen Gegenreaktionen in den 1950er und 1980er Jahren.
Minimalismus soll im Ruf stehen betont akademisch, anspruchsvoll und exklusiv zu sein, allerdings unterstreicht Jil Sander, dass diese Stilrichtung heute keineswegs mehr so kopflastig sei, sondern instinktiver und hedonistischer. In der Mode veranschaulicht der Minimalismus Möglichkeiten des Arbeitens und Sich-Kleidens, die uns Frauen letztlich dazu verhelfen, das Leben zu vereinfachen. So jedenfalls haben ihre Vertreterinnen Chanel, Mc Cardell, Jil Sander und auch Donna Karan es formuliert.
Ziel des Buches ist die Würdigung der minimalistisch orientierten Modedesigner. In neun Kapiteln hat man Gelegenheit sich einen Überblick von der Vereinfachung der Damenmode in der Moderne ab 1906 bis zum minimalistischen Revival zwischen 2007-2010 und aufgrund der vielen Modefotos auch einen sehr guten visuellen Eindruck von der Stilrichtung, deren Grundgedanke sich in den Worten weniger ist mehr" ausdrücken lässt, zu verschaffen.
Als Liebhaberin minimalistischer Mode, begeistert mich, neben dem textlichen Überblick natürlich auch die visuelle Darstellung. Über meinen Lieblingsdesigner Armani erfahre ich, dass ihn die minimalistische Kunst zur schlichten Eleganz seiner Kreationen motiviert habe. Armani gilt nicht grundlos als Mode-Ästhet. Seine Kreationen sind eine Spur femininer wie jene Jil Sanders, die mir mitunter zu puristisch daher kommt. Doch das ist Geschmacksache.
Es ist unmöglich über all die im Buch benannten Modemacher im Rahmen der Rezension etwas zu schreiben. Feststellbar ist, dass der Minimalismus mittlerweile zum Sinnbild moderner Mode geworden ist und das in erster Linie deshalb, weil er eine Ästhetik verkörpert, die sich zum Ziel gesetzt hat, dass auch Frauen selbstbestimmt leben können.
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